Wir haben uns auseinandergelebt

Gerade erst vor einigen Tagen durfte ich (ich glaube es war auf G+) das befremdliche Standardverhalten von Politikern erleben. Offenbar wird Politikern ab einem gewissen Reifegrad das Hahnenkampfverhalten eingebläut: Wann immer sich die Gelegenheit bietet, immer schön über die politische Gegenseite herziehen und mag es auch noch billig wirken.

Für mich ist dieses Verhalten Teil eines Mosaiks, welches in der Summe einen Großteil der in der Bevölkerung entstandenen Politikverdrossenheit begründet. Auch Politik muss endlich begreifen, dass die Bürger dieses Landes sich nicht mehr mit dem üblichen Vorgehen begeistern lassen. Beispiele gefällig?

  • Das Gewinner-Blabla
    Gleich, was auch immer eben geschah und nach jeder Wahl in der „Elefantenrunde“ ist es das erbärmlichste Schauspiel eines Jahres: Kein Politiker hat mehr die Courage zu sagen „Tja, das war halt Mist“. Nein, ist der Krümel auch noch so klein, irgendein Aspekt findet sich immer, um sich bei einem x-beliebigen Aspekt zum Gewinner zu reden. Makler und Versicherungsvertreter erzählen ihren Kunden ja erfahrungsgemäß stets das Blaue vom Himmel, aber im Politikbusiness gibt es nach jeder Wahl und jeder Talkrunde immer nur Gewinner. Politiker müssen endlich begreifen, dass man mit dieser Vorgehensweise zwar toll auftreten kann, aber bei allen außer Parteifreunden einfach nur Glaubwürdigkeit und Ansehen verspielt und mitleidiges Kopfschütteln erntet.

 

  • Das Hahnenkampfverhalten
    Auch hier ist die Außenwirkung meiner Meinung nach schlicht und einfach desaströs: Wann immer zwei Politiker unterschiedlicher Coleur aufeinandertreffen, wird auf den vermeintlichen Gegner argumentativ eingedroschen und in jedem Halbsatz noch eine möglichst herabwertende Gemeinheit eingeschoben. Ganz bitter ist dieses Schauspiel in all diesen von den immergleichen Politikern überlaufenen Talkshows. Sind Politiker allen Ernstes der Meinung, dass derjenige, der als größter Gockel in solch einer Talkrunde den meisten Wind macht auch derjenige ist, dem ich als Wähler das Wohlergehen unseres Landes vertrauensvoll in die Hände geben möchte? Wer sich als Gockel auf solche Hahnenkämpfe einlässt muss wissen, dass er genau als das betrachtet wird: Eine bemitleidenswerte Kreatur, die rein instinktgesteuert handelt.

 

  • Die Versprechens-Falle
    Ich glaube, DAS Dauerbrennerthema im Politikbusiness: Die mir spontan einfallenden Beispiele sind etwa „Die Renten sind sicher“, „die Steuererklärung auf dem Bierdeckel“ oder „die große Reform nach der Wahl“. Auch Politiker müssen wissen, dass sie an ihren Leistungen gemessen werden und nicht an ihren Versprechen.

 

  • Die Euphemismus-Falle
    Immer wenn die Rede davon ist, dass die Gesellschaft einen Beitrag leisten solle oder der Bürger hier mehr Eigenverantwortung übernehmen soll, wird es teuer. Es gibt fast nichts, was als irrsinig tolles Projekt bezeichnet werden kann; hier ein „Ehrenamtstärkungsgesetz“ dort noch das „Bürokratieabbaugesetz“ – man beachte die herrliche Idiotie: Anstelle Bürokratie durch das Streichen von Gesetzen und Regelungen abzubauen, verabschiedet man noch ein zusätzliches Gesetz, was teilweise im Ergebnis noch mehr Bürokratie verursacht. Aber: Wenn man es nett betitelt, kann man es ja auch gut verkaufen und wenn es gut und harmlos klingt, umso besser. Über diese Verharmlosungsvariante wurde uns als Volk schon so manche Kröte untergejubelt. Sei es bei den Kosten der Wiedervereinigung, der Kernenergie oder der Euro-Rettung.

 

  • Die Moral-Falle
    In der Politik ein Amt zu erreichen scheint nicht so schwer zu sein, wie in diesem Amt moralische Grundwerte beizubehalten. Wie sonst lässt es sich erklären, dass Politiker uns Bürgern etwas von Energiesparen oder Spritverbrauch erzählen und selbst offenbar keine Autos nutzen, die wenig Sprit verbrauchen und als Öko-Beispiel vorangehen. Immer wenn ich Politiker in Autos sehe, ist das in solchen, die wohl mindestens 10 bis 12 l/100km verbrauchen. Moral, Verantwortung? Fehlanzeige.Oder diese unsägliche Diskussion kürzlich im bayerischen Landtag um die Beschäftigung von Familienangehörigen. Da wird erst für neue Regelungen gestimmt und dann wird man bei 400 EUR pro Monat für einen Aushilfsjob eines Familienangehörigen schwach.Kann man solchen Menschen tatsächlich das Wohlergehen unseres Landes anvertrauen?

 

Die Summe all dieser Überlegungen führt bei mir dazu, dass ich jeden Tag traurigerweise feststellen muss, dass ich Politiker zusehends nicht mehr ernst nehmen kann. Das war früher anders und führte auch zu diesem Titel, denn ich habe tatsächlich das Gefühl, dass sich die Kaste der Berufspolitiker und das regierte Volk auseinandergelebt haben. Vertrauen oder gemeinsame Ziele sind nicht mehr vorhanden.

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