Vergangenes Wochenende retweetete ich einen Beitrag von @tmatzner der da lautete: „viele neue Follower, lauter Selbstdarsteller :(„, weil ich ähnlich dachte. Kurz darauf stellte @sauerstoff eine interessante Frage: Sind Twitterer nicht per se Selbstdarsteller?
Mein erster Gedanke und meine erste Reaktion waren negativ, doch irgendwie beschäftigte mich die Frage noch im Hinterkopf. Immerhin ist die grundlegende Frage bei Twitter doch „Was machst Du gerade?“ und mit jedem Beitrag gibt der einzelne Twitterer öffentlich etwas von sich preis.
Ist also jeder, der auf diese Frage antwortet, ein Selbstdarsteller? Wohl kaum. Liegt es also am Medium? Ist jeder, der irgendwo im Internet seine Meinung äußert ein Selbstdarsteller? Auch das kann man getrost verneinen.
Also quälte ich Wikipedia zum Thema Selbstdarsteller und fand folgende, absolut hilfreiche Definition:
„Als Selbstdarsteller gilt, wer sich selbst und seine Eigeninteressen in anstößiger Weise in den Vordergrund stellt, vor allem in Situationen, in denen das Wahrnehmen einer sozialen Mitverpflichtung oder die Teilhabe an einem von Teamgeist getragenen Vorhaben besonders notwendig ist. Als Selbstdarsteller gelten vor allem Menschen, die aufgrund ihrer besonderen Persönlichkeit einseitig auf Imagegewinn aus sind, und solche, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit den eigenen geschäftlichen oder politischen Vorteil im Auge haben und alles daran setzen, diesen Vorteil durch Herausstreichen ihrer Fähigkeiten und ihres Status zu erringen.“
Bingo! Das ist zwar nur ein Auszug der gesamten Definition, aber genau das ist es.
Nehme ich mich selbst als Beispiel bleibt festzuhalten: Ich twittere nicht anstößig, ich twittere nicht um einen Imagegewinn noch sonst einen Vorteil für mich herauszuschlagen, sondern nur aus Spaß. Ich will auch niemandem zeigen, dass ich ein cooler Hecht bin (der bin ich ja nicht mal), sondern genieße einen extrem vielschichtigen Austausch mit meinen Followern. Diesen Austausch kann ich im Hinblick auf Zeit, Ort und Inhalt selbst ganz bewusst steuern und ebenso kann ich vermutlich meine Zielsetzung beim Twittern auch (nahezu) all denen, denen ich folge, unterstellen.
Also kann ich letztlich meine erste, spontane Reaktion nur bestätigen. Es ist wahrscheinlich wie im echten Leben: Selbstdarsteller gibt es überall – allerdings gilt das beileibe nicht für alle Twitterer. Daneben kommt es maßgeblich darauf an, wie jeder einzelne den Begriff des Selbstdarstellers definiert: Nimmt man es wortwörtlich, gilt es universell, nicht nur bei Twitter, hält man sich die Definition aus Wikipedia (was ich unbewusst auch tat), dann muss man @sauerstoffs These eindeutig verneinen.
Der Begriff ist (oder war) für mich nicht so negativ wertend besetzt, wie in der Wikipedia-Definition. Dem folgend haste recht. Andererseits gebe ich gerade bei der Definition weicher Begriffe nicht viel auf Wikipedia. Zu viel Interpretationsspielraum und gefühlte Willkür.
Selbstdarsteller sind für mich Menschen, die sich einfach gern öffentlich äußern, Spaß am Echo haben, damit auch gerne mal andere unterhalten und eben präsenter sind als andere. Da denke ich wohl ein bischen positiver als andere – zumindest als der Verfasser der Wikipedia-Definition.
Mit (nach unterer Definition) selbstdarstellerischen Grüßen,
@sauerstoff 😉
Es hat wohl auch sehr viel mit dem „Content“ zu tun. Offenheit vs. Aufgeblasenheit.
Da gebe ich euch recht und gefühltermaßen hängt ein Großteil der Fragestellung an dem Punkt, wie der Einzelne den Begriff „Selbstdarsteller“ definiert. Schon hier kommt es ja offenbar zu gegensätzlichen Betrachtungen.
Den Content-Bezug hatte ich auch schon mal angedacht, aber wegen der noch um ein Vielfaches höheren Individualität des Erlebens zunächst unbetrachtet gelassen.
Ein ganz triviales Beispiel: Wenn @sauerstoff oder ich wieder mal die Suche nach einem Ladegerät für das iPhone twittern, sitzt einer von uns beiden am Gerät und wird dezent schmunzeln. Ein anderer hingegen mag sich denken: „Alter Angeber mit Deinem iPhone-Getwittere“. Und weil es vielerlei persönliche Befindlichkeiten wie in diesem Beispiel gibt, habe ich diesen Bezug einfach mal weggelassen.
@Dom Hihi, das Drecksding hat aber auch eine miese Akkuleistung. Auf die Idee, Tweets bzgl. iPhone als angeberisch zu werten kam ich bisher nicht. Es liegt halt immer im Auge des Betrachters. Mit der Unschärfe kann ich aber gut leben.
Jupp, das ist wohl wahr – die Akkuleistung ist echt mau, aber das Teil selbst halt unschlagbar. Mich selbst macht die von Dir angegebenen Unschärfe auch nicht weiter an, nur ab und an überrascht mich eine unerwartete Rückkopplung 😉