Gottlob bin ich nicht der Einzige:
Auch Wolfgang Roth von der Süddeutschen fragte zu recht, ob es sich bei der Automobilindustrie tatsächlich um eine „Schlüsselindustrie“ handelt. Und auch ich bin sehr am Zweifeln.
Von einer Schlüsselindustrie kann man sprechen, braucht man aber nicht. Dieses Land hat sich schon viel zu lange der Autoindustrie und ihrer süßen Liebkosungen hingegeben. Schon seit Jahren sprechen doch schon selbst die „deutschen“ Automobilhersteller wie VW, Audi, BMW oder Daimler nicht mehr davon, Autos „Made in Germany“ zu liefern. Stattdessen steht da jetzt „by Mercedes-Benz“ oder Ähnliches, denn „deutsche“ Autos gibt es schon lange kaum mehr . Wir dürfen uns zwar geehrt fühlen, aber wirklich deutsch ist da nicht mehr viel. Das soll die Leistungen jetzt nicht abwerten und jegliche Verherrlichung des Deutschen will ich hier auch ausdrücklich ablehnen. Aber unter solchen Umständen darf eine solche Branche nicht davon sprechen, eine deutsche Schlüsselindustrie zu sein. Zu sehr sind auch „unsere“Marken global verwoben und international mit ihrer Produktion aufgestellt.
Uns Deutschen wurde jahrelang eine Autostory in die Wiege gelegt und jetzt zahlen wir die Zeche dafür, dass wir dieses Märchen geglaubt haben: Wir stehen auf einer Stufe mit Afghanistan, Bhutan, Haiti, Nepal, Somalia, denn nur dort gibt es ebenfalls keine Tempolimits. Wir könnten unseren CO2-Ausstoß auf einen Schlag drastisch reduzieren, wenn wir einfach ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen erlassen. Kein Drängeln, keine Nötigung mehr auf der Autobahn wären ein traumhafter Nebeneffekt.
Daneben sind wir dieser Autophilosophie auch in den Ballungszentren erlegen: Statt in den Ausbau und die optimale Vernetzung unserer öffentlichen Verkehrsmittel zu investieren, werden Umgehungsstrassen gebaut, tolle und extrem teure Verkehrssteuerungsanlagen in der Entwicklung bezuschusst und dann angeschafft. Die Frage nach Verkehrsvermeidung wird doch kaum mehr gestellt. Und warum um alles in der Welt, ist die geschäftliche Nutzung von PKW der Höhe nach kaum begrenzt? Warum greift man hier nicht ein und bevorzugt ökologisch sinnvolle Fahrzeuge?
Eine Assoziation an den Kohlebergbau in Deutschland keimt da in mir: So groß und mächtig war man, dass man einfach nicht sterben durfte. Und jetzt sind wir bei den Autos angekommen. Wieder so groß, dass man ja nicht sterben darf. Natürlich ist jeder Arbeitsplatz wichtig, doch sollen wir es wieder soweit kommen lassen, wie im Bergbau? Dort wurde doch in Spitzenzeiten jeder Arbeitsplatz mit fast 100.000 DEM pro Jahr gefördert. Ist es das wirklich wert? Wir müssen an die Zukunft denken und wir müssen unser Geld heute für die Zukunft ausgeben, nicht für Geschäftsmodelle von denen wir heute schon wissen, dass sie ökologischer Bullshit sind und in den nächsten Jahren ohnehin aussterben werden.
Und in dieser Hinsicht sehe ich kaum Unterschiede zwischen den deutsche und den amerikanischen Herstellern. Getreu dem Motto „Höher, schneller, weiter“ werden die Autos immer größer und mächtiger und ich frage mich, warum eine Mami ihr Kindchen mit einem Q7 oder einem Cayenne zum Kindergarten fahren muss, obwohl man die Strecke auch in 12 Minuten laufen kann. Oder ein kleines Auto nehmen, denn dann fahren 3 mit dem Sprit von einem Cayenne. Das ist die wahre Verantwortung seinen Kindern gegenüber, denn die dürfen unsere Fehler von heute in den kommenden 70 Jahren ausbaden. Und genau dieser Verantwortung haben sich auch die deutschen Hersteller nicht gestellt, sondern immer nur teurere und luxuriösere Modell entwickelt und es in 2007 sogar geschafft, den durchschnittlichen Verbrauch zu steigern, obwohl alle Welt von der CO2-Reduzierung spricht.
So und warum nochmal sollen wir dieser gestrigen Industrie jetzt helfen statt unseren jungen Unternehmen mit viel versprechender Zukunft?