Kürzlich hatte ich einen unerwarteten Kontakt mit einem Menschen aus meiner Vergangenheit. Wir texteten ein wenig hin und her und nach einigen Nachrichten stellte mein Gegenüber dann fest „Du hast Dich echt kaum verändert“ – die Kommunikation ist seither nahezu eingeschlafen. Ich bin noch immer unschlüssig, was ich damit überhaupt anfangen soll.
Trifft man einen aus der Vergangenheit vertraute Menschen nach längerer Zeit wieder, gibt es ja meist zwei Varianten des Verhaltens. Variante 1 ist das berühmte „Mein Haus, mein Auto, mein Job – und was hast Du geschafft?. Als Unterart werte ich dann noch die Jammerigen, welche einem die persönlichen Dramen der zurückliegenden Jahre komprimiert innerhalb von zweieinhalb Minuten als Happen hinwerfen und umgehend aufrichtige Anteilnahme erwarten. Variante 2 sind dann jene, mit denen man auch nach etlichen Jahren genau da und genauso weitermacht, wo man vor Jahren stehengeblieben ist.
Ich persönlich fühle mich bei Mitmenschen der Variante 2 am wohlsten, aber der Satz „Du hast Dich echt kaum verändert“ deutet an , dass von mir offenbar eher Variante 1 erwartet wurde. Aber ehrlich gesagt, könnte ich mir selbst kaum in den Spiegel schauen, wenn ich zwischenzeitlich eine Metamorphose durchgemacht hätte und heute ein ganz anderer Mensch als früher wäre. Selbstverständlich reifen wir alle im Verlaufe unseres Lebens, aber gewisse Grundzüge wie Humor oder Abneigungen haben sich – bei mir zumindest – kaum verändert. Und so bescheiden empfand ich mich dann doch nie. Im übrigen galt schon früher, was heute und auch in aller Zukunft gelten wird: Ich bin wie ich und wer mit mir nicht klarkommt, hat Pech.
In diesem Sinne wünsche ich dieser Bekanntschaft aus grauer Vorzeit noch viel Glück und Gesundheit auf dem ihrem Lebensweg.